Zur Alten Filmkiste“ – eine Klappe für Charlie
Zingst Betritt der Besucher den nur 25 Plätze zählenden Gastraum, ist er zunächst einmal baff. Ob Kameras, Filmrollen, Bilder, Koffer, Schilder, Fotografien, Gläser, Vasen … selbst von der Decke baumeln die verschiedensten Gerätschaften. Das visuelle Aufnahmevermögen des Betrachters ist zumindest kurzzeitig überfordert. Zumal inmitten des scheinbaren Sammelsuriums kein Geringerer als Sir Charles Spencer „Charlie“ Chaplin (1889-1977) – stilecht in Lebensgröße – dem Neuankömmling gegenüber steht.
Jedes Utensil birgt eine Geschichte
Das Modell des weltberühmten britischen Schauspielers, Komikers und Filmproduzenten ist auf drei Filmrollen in einer Ecke positioniert. „Ein herzliches Willkommen in unserem Refugium ,Zur Alten Filmkiste‘ im Ostseeheilbad Zingst auf dem Zingst!“ Ralf Leffler, der Inhaber und Betreiber des urgemütlich eingerichteten Restaurants, lächeln wissend. Ralf Leffler hat sich an das Staunen der Besucher gewöhnt. Zumal sich hinter jedem der Hunderten von Utensilien eine Geschichte verbirgt.
„Fast immer handelt es sich um eine filmische Begebenheit, vor allem aber um die faszinierende Welt der Tricks und Illusionen“, sagt Antje Leffler: Sie ist die Enkelin des Trickkameramanns und Spezialisten für Spiegel- und Modellaufnahmen Ernst Kunstmann (1898-1995). Jenes Filmtechnikers, der sich bereits in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Filmstudio Potsdam-Babelsberg (Brandenburg) einen Ruf als Trickspezialist erarbeitete. Er entwickelte das Spiegel-Trickverfahren im Film. Kunstmann war bereits zu Lebzeiten eine Legende.
„Fast immer handelt es sich um eine filmische Begebenheit, vor allem aber um die faszinierende Welt der Tricks und Illusionen“
Erinnerung an den berühmten Großvater
„Der Opa meiner Frau war ein fantastischer Erzähler“, erinnert sich Ralf Leffler. Kein Wunder: Hatte Ernst Kunstmann doch mit vielen bekannten Regisseuren und Schauspielern gearbeitet. Bereits 1921 machte er dank seiner technischen Fertigkeiten Fritz Lang (1890-1976) auf sich aufmerksam. In „Der müde Tod“ lässt er beispielsweise wie von Zauberhand einen Darsteller als Tod erscheinen und wieder verschwinden. In „Metropolis“ (1927) setzt er für Lang die unglaubliche Architektur der Zukunftsstadt ins Bild. Dazu gehört der in gigantische Höhen schießende Turm zu Babel. Dies gelingt dank des „Schüfftanischen Spiegeltrickverfahrens“
Mit bekannten Regisseuren gearbeitet
„Der Opa meiner Frau war ein fantastischer Geschichten-Erzähler“, erinnert sich Ralf Leffler. Kein Wunder: Hatte Ernst Kunstmann doch mit vielen bekannten Regisseuren und Schauspielern gearbeitet. Bereits 1921 machte er dank seiner technischen Fertigkeiten Fritz Lang (1890-1976) auf sich aufmerksam. In „Der müde Tod“ lässt er beispielsweise wie von Zauberhand einen Darsteller als Tod erscheinen und wieder verschwinden. In „Metropolis“ (1927) setzt er für Lang die unglaubliche Architektur der Zukunftsstadt ins Bild. Dazu gehört der in gigantische Höhen schießende Turm zu Babel. Dies gelingt dank des „Schüfftanischen Spiegeltrickverfahrens“.
Kombination mehrerer Bilder
Dieses hatte Kunstmann mit seinem Kollegen Eugen Schüfftan (1893-1977) entwickelt, den er 1923 kennenlernte. Bei diesem klassischen Filmtrick werden im Studio zwei Bilder kombiniert. Dies geschieht mit Hilfe eines exakt ausgerichteten Spiegels. Der Regisseur kann also beispielsweise große Kulissen mit kleinen Modellbauten und den Aktionen der Schauspieler kombinieren. Riesen erscheinen neben normal großen Menschen in einer Szene. Und die Kosten für diese Spezialeffekte waren vergleichsweise niedrig, da statt großer, aufwendiger Kulissen kleine Modelle ausreichten. Dieses Verfahren wurde weltweit über Jahrzehnte erfolgreich eingesetzt, bevor die Zeit der computeranimierten Tricks anbrach.
Großer brauner Koffer an der Decke
Dieses hatte Kunstmann mit seinem Kollegen Eugen Schüfftan (1893-1977) entwickelt, den er 1923 kennenlernte. Bei diesem klassischen Filmtrick werden im Studio zwei Bilder kombiniert. Dies geschieht mit Hilfe eines exakt ausgerichteten Spiegels. Der Regisseur kann also beispielsweise große Kulissen mit kleinen Modellbauten und den Aktionen der Schauspieler kombinieren. Riesen erscheinen neben normal großen Menschen in einer Szene. Und die Kosten für diese Spezialeffekte waren vergleichsweise niedrig, da statt großer, aufwendiger Kulissen kleine Modelle ausreichten. Dieses Verfahren wurde weltweit über Jahrzehnte erfolgreich eingesetzt, bevor die Zeit der computeranimierten Tricks anbrach.
DEFA-Märchenfilme werden lebendig
Es folgten Filme über Filme, in denen das handwerkliche Geschick und der Einfallsreichtum des Babelsbergers gefragt waren. Ob 1931 in „Berge in Flammen“ mit Luis Trenker (1892-1990), „Das Testament des Dr. Mabuse (1932), mehrere Arbeiten mit der Regisseurin Leni Riefenstahl (1902-2003) oder „Münchhausen“ (1943) … – der Techniker und Kameramann hatte sich einen Ruf in der Branche erarbeitet. Später trug er dazu bei, dass vor allem Millionen kleiner Fernsehzuschauer in der DDR unvergessliche Stunden vor der Flimmerkiste erlebten. Hinterließ der 1947 von der DEFA (Deutsche Film AG) engagierte Trickspezialist doch nicht zuletzt in den Märchenfilmen aus Potsdam-Babelsberg seine markanten Spuren.
„Kleiner Muck“ wurde zum Superläufer“
„Vor allem ,Das singende, klingende Bäumchen’ habe ich geliebt“, betont Antje Leffler. Sie zeigt auf Aufnahmen an einer der Wände ihres Restaurants. Es war ihr Opa, der beispielsweise den „Kleinen Muck“ zum Superläufer machte. Seiner Raffinesse war es zu verdanken, dass im Film „Das kalte Herz“ der riesige Holländer-Michel neben dem Glasmännlein agierte, und dass riesige Hunde neben einem normal großen Soldaten im Streifen „Das Feuerzeug“ den Schatz bewachten. Märchen-Produktionen, mit denen auch noch Ur-Enkelin Luzie Marie etwas anfangen kann. „Ich hätte ihn gern kennengelernt. Seine Kreativität und das Talent zum Zeichnen beeindrucken mich“, sagt sie. Die 17-jährige Schülerin hat eine Physik-Facharbeit über ihren berühmten Ur-Großvater und das von ihm mitentwickelte Spiegeltrickverfahren geschrieben.
Koch-Leidenschaft geerbt
Dass selbst die vielen Stammgäste bei jedem Besuch neue Dinge entdecken, sei völlig normal, sagt Ralf Leffler. Schließlich finden sich unter den Erinnerungsstücken der Familien beispielsweise auch Arbeitsgeräte seiner Oma „Friedel“. Diese war einst Chefköchin im „Kaiserhof“ im thüringischen Eisenach und auf der Wartburg. Von ihr habe er die Leidenschaft am Zubereiten frischer Speisen geerbt. „Hier wird ohne Zusatzstoffe und Industriezucker gekocht. Fisch und Wild aus der Region sind die Renner“, versichert der Herrscher in der Mini-Küche.
Gäste bringen Film-Gerätschaften mit
„Auch unsere Besucher bringen mitunter Film-Requisiten und Gerätschaften mit“, erklärt Antje Leffler. In der Hand hält sie eine Bild- und Ton-Klebelade. Vier Damen, die einst bei der DEFA arbeiteten, brachten das gute Stück nach Zingst. „Sie kannten Vera Kunstmann (90). Meine Tante arbeitete als Assistentin beim Meister“.
Angst, dass es eines Tages an Platz vor allem für weitere Film-Erinnerungen in der Zingster Neuen Reihe fehle, hat sie indes nicht.